Von:     hagbard@cosmo.UUCP (K. Koch)
Betreff: Fernschreiben des LKA und die Hacker
Keywords: Telexe Hacker LKA BKA
Datum:	 8 Jan 89 00:49:59 GMT
Reply-To: hagbard@cosmo.UUCP (K. Koch)
Org.:	 CosmoNet, D-3000 Hannover 1, FRG
Lines: 81

Jeder sei gewarnt... Hagbard is back!
Es wollten die Gerüchte nicht verklingen, ich sei von meinem Bondwell Portable verspeist worden hehehe nichts da! Hier bin ich!

Über 100 Fernschreiben des Landeskriminalamts gingen fremd!
von dpa-Korrespondent Jochen Sperber

Hannover (dpa) - Monatelang rätselte das Landeskriminalamt (LKA) in München, wie über 100 seiner Fernschreiben an das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden "fremd" gehen konnten. Sie verliessen München unerlaubt im Computer. An einen "Datenklau" glaubte jedoch lange Zeit niemand. Die Polizei in Berlin, Hannover und Hamburg machte sich auf die Suche nach Fernschreiben auf Papier. Gefunden wurden sie schliesslich in einem Bahnschliessfach in Hamburg.

Anfang Mai schob ein Hacker ein Stück Papier über den Tisch einer Kneipe. Die "RAF" schrieb an Bundesminister Heinz Riesenhuber: "sie sind ihres lebens nicht mehr sicher, lassen sie also die finger von den groszen weltraumdingen." Das Telex stammte aus einer Sammlung von über 100 aus der Zeit vom 10. bis 24. März. Um die Reiserouten des bayerischen Staatsministers Max Streibl und anderer Politiker mit Angaben der Sicherheitsmassnahmen ging es, um Fahndungen oder den Fund von Unterlagen über das Suchradar "Roland" in einem Hotel.

Ein Mitarbeiter des NDR-Hörfunks ging der "RAF"-Drohung beim LKA in München nach. Die Folge: Eine Hausdurchsuchung zur Sicherstellung von Beweismaterial. Der Staatsschutz wurde eingeschaltet. Journalisten in Hamburg und Hannover wurden zur Vernehmung geladen. Ermittelt wurde wegen "Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses". Ein Mitarbeiter des LKA habe die Fernschreiben an die Prtesse gegeben, wurde vermutet. Die Vermutung war falsch.

Vom 25. März bis 1. April hatte in München eine Vorführung von drei namhaften deutschen Computerfirmen stattgefunden. Das alte Fernschreibsystem sollte auf Telexcomputer umgestellt werden. Die Software wurde teilweise von Subunternehmen vorgestellt. Auch hier wurde dann nach einem "Loch" gesucht. Die Beteiligten wurden überprüft. Die Überprüfung im LKA ergab: Eine Verbindung zur Rechenanlage des LKA gab es nicht. Während der Vorführung waren Polizeibeamte stets anwesend. Die alten Fernschreiber ermöglichten keinen elektronischen Diebstahl. Die vom Postnetz unabhängige Telexverbindung zum BKA konnte nicht angezapft werden. Die Polizei suchte deshalb weiter nach Papier. Zwei Hausdurchsuchungen in Berlin sollten Telexe zu Tage fördern. Vergeblich.

Fachleute für Datenfernübertragung fanden die Ermittlungen eher merkwürdig. Ihre Überlegung: Es ist üblich, "Spielmaterial" über die Leitungen zu schicken. Telexe aus dem eigenen Haus eignen sich, denn am Original lässt sich zeigen, dass Buchstabe für Buchstabe korrekt übertragen wird. Das "Archivmaterial" des BKA vom 25. März waren Telexe des LKA aus München von den 14 Tagen zuvor. Sie wurden elektronisch in einen der Vorführcomputer übertragen, der dann über das Wochenende wieder in der Firma stand. Was eigentlich drin war will keiner geahnt haben. Auch später gerieten während der Vorführung eingehende Fernschreiben unter den Augen der Beamten auf Diskette und damit ausser Haus.

Ein Hacker "holte" sich am Wochenende die Fernschreiben aus dem Firmen-Computer, dann kamen sie zum NDR-Hörfunk und anschliessend in ein Bahnschliessfach, um sie vor dem Zugriff der Polizei in Sicherheit zu bringen. Das Nachzahlen des Schliessfaches wurde jedoch vergessen. Die Fernschreiben wurden gefunden und der Polizei übergeben. Damit wurde der Fall klar. In München wurden die Ermittlungen eingestellt. Anklage wird nach Auskunft von Abteilungsleiter Manfred wick von der Münchner Staatsanwaltschaft nicht erhoben.

Die Telex-Welt der Polizei scheint wieder in Ordnung zu sein. Experten für Telesoftware warnen jedoch: Wenn unter den Augen der Polizei Daten mitgenommen werden können, dann lassen sich auch welche hinzufügen, etwa vom Servicemann oder bei der Fernwartung. Ein Programm von wenigen Zeilen kann einlaufende Fernschreiben in Programme umfunktionieren, so dass beliebige Manipulationen am Empfangscomputer möglich werden. "Normal"-Computer im Verbund sind gewöhnlich gegen "Einbruch" zumindest mit einem Passwort geschützt. Wer es nicht kenn, erhält keinen Zugang. Telexcomputer kennen dagegen kein Passwort. Das dürfen sie auch nicht, sonst werden sie von der Post als solche nicht zugelassen.

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MfG Hagbard