ABSENDER   : littleboy
DATUM	   : 11.08.1989
ZEIT	   : 02:29
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Ein ScienceFiction


Es war ein schöner Morgen, der nur durch drei Tatsachen gestört wurde: die Temperatur, die an der 30 Grad Celsius Marke lag (natürlich unterhalb von 0 Grad Celsius, was aber für die Arktis eigentlich normal ist), der andauernde Schneesturm (der im Grunde genommen überhaupt nie aufhört), und mein bevorstehender Start. Der Start würde mir allerdings keine Probleme bereiten, so jedenfalls erklärten mir gestern zwei Mechaniker. Die hatten jedoch gut reden, denn sie würden ja nicht in diese Höllenmaschine steigen. Also schaute ich weiter durchs Fenster und betrachte, soweit ich überhaupt etwas durch den Schnee sehen konnte, dieses mehr breit als hoch wirkende Gebilde, das wie eine Cheopspyramide aussah (allerdings nur mit drei Grundseiten). Nachdem ich resigniert eingesehen hatte, dass sich der Flug zum Jupiter (ein schöner Planet; schön deshalb weil er, wegen seiner Grösse, nicht zu verfehlen ist) nicht umgehen liess, schlüpfte ich in den leider immer noch kratzenden Raumanzug und ging hinaus in den Schneesturm. Als ich am Schiff ankam fror ich erbärmlich, denn die genialen Konstrukteure hatte den Regler der Heizung vergessen. Plötzlich dröhnte mir eine Stimme aus dem Raumschiff entgegen: "Identifikationskarte einschieben!". Ich versuchte mein bestes, aber meine Karte erwies sich als zu gross. Da mir immer kälter wurde zerriss ich kurzerhand meine Karte in zwei lange Streifen und schob diese in den Schlitz neben der Tür hinein, worauf ich glaubte, ein leises Schmatzen zu hören. Der Computer schien jedoch noch nicht ganz zufrieden zu sein: "Drücken Sie innerhalb von 50 Sekunden den richtigen Knopf!". Während er das sagte, leuchtete ein Tastaturboard auf, dass sich wie ein Armreif (ein äusserst breiter) um das ganze Schiff zog. Um in das Raumschiff zu gelangen rannte ich also um das ganze Schiff herum, während ich mit beiden Händen wahllos auf die Tasten schlug. Nach etwa zwei Runden blieb ich erschöpft stehen. Die Stimme dröhnte wieder: "Richtige Taste nicht gedrückt! Identifikation falsch!". Die Tür öffnete sich. Während ich eintrat, kamen zu den Zweifeln über die Fähigkeiten der Konstrukteure auch noch die über die Fähigkeiten der Programmierer hinzu. Nach 10 Minuten wollte ich starten (ich hatte glücklicherweise inzwischen die Kommandozentrale, eine Kabine von 2 mal 2 Metern, gefunden) und drückte den Startknopf. Zu meiner Überraschung hörte man die Maschinen überhaupt nicht. Zufrieden lehnte ich mich also zurück - und schlug mir prompt den Kopf an. Da der Computer immer alles andere steuert, schlief ich ein bisschen im Sessel (man bekommt nämlich für Reisen mit bis zu 6 Monaten keine Raumschiffe die eine eigene Kabine für den Piloten aufweisen, geschweigedenn ein Bett). Nach etwa einer Stunde wurde ich unsanft vom Lautsprecher geweckt, der mir mitteilte, dass ich nun starten könne. Ich fluchte auf die Idioten, die mir den Strom weggedreht hatten und drückte, mit einem lauen Gefühl im Magen, nochmals den Startknopf.

Als ich aus meiner Bewusstlosigkeit wieder erwachte, stellte ich dreierlei fest: ich war etwa 30 Stunden bewusstlos gewesen, mein Helm war von innen beschlagen und ich vermeinte zu fühlen, dass sich das Raumschiff in einen Schweizer Käse verwandelt hatte (aber das passierte fast immer). Die Landung auf dem Jupiter war dem Raumschiff angemessen - nämlich katastrophal: es zerbrach in tausend kleine Teile. Das ich heute noch lebe verdanke ich dem Umstand, dass ich, da ich nichts mehr durch den Helm sehen konnte, aus Versehen aus dem Raumschiff gestiegen bin. Nach etwa 20 Stunden, die ich Schachspielend mit dem in den Raumanzug eingebauten Schachcomputer verbrachte, sammelte mich ein vorbeifliegendes Raumschiff auf. Gerade zur rechten Zeit wie sich herausstellte, denn beinahe hätte der Schachcomputer mich geschlagen. So flog ich also als Sieger der Erde entgegen.

Jetzt sitze ich wieder in der Arktis und habe gerade aus dem Fenster geschaut. Draussen steht, so scheint es, ein Raumschiff, das Ähnlichkeiten mit der Cheopspyramide aufweist...

Aber dieses Mal werde ich ihn ganz sicher beim Schach schlagen!

(C) littleboy


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